Sehr schön, ist es doch mal wieder Zeit für einen Food-Test, nämlich ein "Thailändisches Erdnußcurry mit Streifen von der Schweinelende, Bok-Choi, Pilzen, Gemüse, Kokosmilch und Basmatireis", das für 9.50 EUR dem willigen Konsumenten gehört.
Die Bestellung gestaltete sich allerdings etwas tricky, da die diensthabende Bedienung an diesem Abend und diesem Tisch offenbar etwas überfordert war; die Zeitspanne zwischen dem "Ein Weißbier und das Today's Asia" des Kollegen A am Tisch und meinem "Ein Helles und das Today's Asia" hat anscheinend ausgereicht, um den flüchtigen Kurzzeitspeicher der Bedienung auf Masse zu legen und somit zu löschen - sie wußte nicht mehr, was der Kollege A haben wollte. Und angesichts der bis dato noch nicht angekommenen Bestellung der Freundin von Kollege B begann ich mich dann schon zu fragen, was ich wohl nun bekommen würde, und vor allem, *ob*. Denn ich hatte natürlich einen Sonderwunsch : das Essen sollte extra scharf sein!
Ich wies die Bedienung natürlich eindringlich darauf hin, daß ich mit "scharf" auch "scharf" meine und keine Turnbeutelvergesser- und Vorwärtseinparker-Kost erwarte, wie sie meine Oma im Altenheim eingeflößt bekommt. Oh yes! Um eine Analogie für unsere Heavy-Metal-Freunde zu gebrauchen : asiatisches und indisches darf gerne TRUE sein, der Schärfegrad sollte korrespondierend zum Schallpegel eines Motörhead-Konzerts sein, das muß rocken auf der Zunge, da muß Headbanging im Magen sein und überhaupt, wem's zu scharf ist - whimps and posers, leave the hall! Auch wenn ich nicht weiß, ob in der Kantine von Manowar auch so scharf gegessen wird und sich Joey DeMaio vor dem Auftritt Chilis in die Lederuniform packt oder doch lieber gedünstete Scholle mit Weißwein verspeist, und ich auch nicht weiß, was das jetzt eigentlich mit diesem Erdnußcurry hier zu tun hat - ich mag's heiß, auch wenn es bei manchen Gerichten vielleicht für den einen oder anderen eher unpassend erscheinen mag, aber wie gesagt, "whimps and posers..."... :-)
Die Kellnerin guckte etwas irritiert (gut, das bin ich mittlerweile gewohnt) und verzog sich mit der Aussage "Mal sehen, was ich machen kann..." in Richtung Küche. Gut, immernoch besser als "Jaja" oder "Hamma ned!" war die Aussage ja schonmal, also verharrte ich einfach mal in gespannter Erwartung auf das Essen.
Das Tablett wurde dann auch nicht allzulange Zeit später serviert und stand nun vor mir auf dem Tisch. Aha, sah ja nicht schlecht aus - ein Teller mit einer relativ großzügigen Ansammlung von diversen Fleisch- und Gemüsesorten, die in einer curryfarbenen Sauce schwammen, das ganze garniert mit grünem Koriander und einem Blatt einer mir unbekannten Pflanze und serviert mit dem obligatorischen Haufen Basmati-Reis.
Und - JAA! Das hat doch Potential! Anscheinend hat die Kellnerin dem Küchenpersonal klargemacht, daß das Essen TRUE sein soll (okay, dieses Vokabular hat sie höchstwahrscheinlich nicht benutzt, weil das im Zusammenhang mit Essen vermutlich auch kein Schwein tut...außer mir jetzt mal eben ausnahmsweise für diesen Bericht... :-)) - neben dem Tablett mit Erdnußcurry und Reishalbsphäre landete ein kleineres Tablett mit drei verheißungsvoll aussehenden Schälchen auf dem Tisch. Im einen fand sich einige kleingeschnittene frische Chilis, im nächsten eine Chilipaste (vermutlich Sambal Oelek) und im dritten eine süßsaure Universalsauce, die allerdings auf der Schärfeskala im "nicht meßbar"-Bereich rangierte. Das ist durchaus ein guter Service des Tresznjewski, schließlich ist das gratis und ohne zu maulen erfüllter Extrawunsch, und für einen deutschen Dienstleistungsbetrieb ist das schon einigermaßen beachtlich - also auf zum Geschmackstest.
Zuerst mal der Biß in die Botanik - mhm...keine Ahnung, wo dieses grüne Blatt herkommt, schmeckte aber nicht schlecht.
Gut, dann mal der Griff zur Gabel (auch wenn es mit Stäbchen stilechter gewesen wäre, aber zwischen der Absicht und der Realisierung steht da bislang noch das Können) und das eigentliche Curry probiert. Hmm! Lecker, das Schweinefleisch hat Biß, ist aber nicht zäh. Die Pilze, der Bok-Choi (Chinesischer Weißkohl) und das sonstige Gemüse waren auch al dente und schmeckten danach, wonach sie schmecken sollten. Der Staudensellerie war zwar auch gut, aber da ich von selbigem kein großer Fan bin, war mir das relativ egal. Die Sauce schmeckte leicht nach Kokosmilch, allerdings nicht zu penetrant - gab zusammen mit dem Curry, dem leichten Erdnußgeschmack und den restlichen Gewürzen eine gute Figur ab.
Soweit so gut, nun hatte ich von allem mal etwas im Auslieferungszustand probiert. Geschmacklich prima, aber irgendwie war da ein Punkt auf der geistigen Checkliste noch nicht abgehakt...ja, richtig, ich hatte das Zeug doch explizit SCHARF bestellt?! TRUE eben! Allerdings hätte das, was ich bis dato probiert habe, auf den Schärfeindex bezogen bequem als Babynahrung fungieren können - die Hitzerezeptoren auf der Zunge waren schon längst in die Kältestarre gefallen, das war doch nicht True, ich mußte an einen Heavy-Metal-Anhänger denken, der headbangend und dann mit zunehmend ratlosem Gesichtsausdruck vor Omas dudeldem Kofferradio steht (auch wenn das vollkommener Blödsinn ist und mir dieses dusselige Bild erst während des Schreibens dieses Berichts eingefallen ist).
Aber gut, wofür stand denn da das Extra-Tablett mit den Chili-Schälchen - mit wenigen Handgriffen waren die frischen Chilis und das Sambal Oelek in dem Erdnußcurry verschwunden und das ganze gut durchgerührt. Die Sauce bekam eine deutliche Farbabweichung ins rötliche.
Nach ca. 2 Minuten probierte ich das aufgemotzte Curry - ah ja, jetzt hatte das ganze schon mal etwas mehr Bums, war leicht scharf und eigentlich für ein solches Gericht in Ordnung, das chilitechnisch gesehen leider ein systemimmanentes Problem hat : die Kokosmilch wäscht durch ihren Fettgehalt einiges von der Schärfe sofort wieder weg, so daß man schon deutlich mehr Chilis hätte verwenden müssen, oder zu Schärfe-Doping wie Vicious Vampire oder dgl. hätte greifen müssen, aber okay - das Tresznjewski ist kein Indisches Restaurant, das dem Chili-Aficionado auch schonmal getrocknete Höllen-Chilis in Öl auf den Tisch stellt, also geht das schon in Ordnung - für die meisten Treszn-Gäste wäre das Gericht vermutlich auch schon im Ausgangszustand scharf genug gewesen und sie wären bei der "True"-Version mit Beimischung von zahlreichen Habaneros oder ein paar Spritzern Vicious-Vampire-Sauce vermutlich spontan ins Koma gefallen.
Die Menge war anständig, zusammen mit dem Reis war man hinterher doch ziemlich satt; einzig die Temperatur des Currys hätte ruhig etwas höher liegen dürfen, was dem Geschmack aber keinen Abbruch tat - es schmeckte trotzdem lecker. Der Preis geht mit 9,50 EUR auch in Ordnung (jedenfalls für das Münchner Preisniveau), es sollen ja auch ordentliche und möglichst frische Zutaten verarbeitet werden und nicht die Rückstände aus dem Grobrechen der städtischen Kläranlage.
Fazit : Prima Essen, an dem nichts auszusetzen war; Bonuspunkt für den Service hinsichtlich des Chili-Tabletts, Maluspunkt für die etwas vergeßliche Bedienung. Im "Treszn" kann man nach sich nach wie vor nicht nur die Birne zuschütten, sondern auch gut essen. Auch wenn es nicht immer richtig TRUE ist. ;-)
Shop : | Brasserie Tresznjewksi - Theresienstraße 72 |
WWW : | http://www.tresznjewski.de/ |
Location : | Google Maps |
Datum : | 31.05.07 | 22:00 Uhr |
Produkt : | Thailändisches Erdnußcurry mit Streifen von der Schweinelende, Bok-Choi, Pilzen, Gemüse, Kokosmilch und Basmatireis; 9,50 EUR |
Rating [0..10] | |
Qualität : | 9 |
Ladenlokal : | 9 |
Service : | 8 |
Preis/Leistung : | 8 |
GESAMTWERTUNG : | 8.5 |