Jaja, der "kleine Chinese"...einer der ungezählten Asia-Fast-Food-Läden in München, bei denen man auch mit etwas sparsamer gefülltem Portemonnaie sich noch ordentlich die Wampe vollhauen kann und sich trotzdem noch mit halbwegs reinem Gewissen sagen kann, daß das soeben gegessene immernoch gesünder und leichter war als der gute bayerische Schweinsbraten, auch wenn es geschmeckt hat, als ob man eine Kloschüssel am Hauptbahnhof ausgeschleckt hat. Oder?
Der Laden ist laut eigener Auskunft "Ein Bistro von Studenten für Studenten"; ersteres ist angesichts des häufig wechselnden Personals zwar nicht unglaubwürdig, andererseits liegt das Durchschnittsalter der Angestellten doch deutlich über dem des Durchschnittsstudenten, außer vielleicht eines solchen, der das ganze eher gemütlich angehen läßt und sich im 26.Semester dann langsam zu fragen beginnt, ob er nicht langsam mal das Vordiplom seines (zwischenzeitlich eingestellten) Studiengangs in Angriff nehmen sollte, bevor ihm Mami und Papi die Kohle kürzen.
Wie wir alle wissen, ist das studentische Budget natürlich stets beschränkt, und nach Abzug aller laufenden Kosten für Golf GTI, Kippen, Bier, Party, Urlaub, Spontanurlaub und Kurzurlaub bleibt auch dem klischeehaftesten Münchner BWL-Studi nicht mehr viel übrig, und er sucht nach einer bezahlbaren und eßbaren Alternative zu Tagesgericht I in der Mensa.
Natürlich kann ein Gastronomiebetrieb, der nicht von Vater Staat gesponsort wird, kein komplettes Essen für 1,00 EUR anbieten, ohne schonmal die Telefonnummer des Insolvenzverwalters in die Glückskekse zu packen.
Dennoch ist das Preisniveau des "kleinen Chinesen" nicht hoch angesetzt, für nur ca. 10 EUR bekommt man schon eine Vorspeise und ein Hauptgericht auf den nicht immer stabil stehenden Tisch, nachdem man dem unaufdringlichen - man könnte es auch etwas schweigsam nennen - Personal hinter der Theke seine Trink- und Essenwünsche diktiert hat.
Ein Pluspunkt beim "kleinen Chinesen" ist sicherlich die Zubereitung der Speisen, die nicht, wie bei einigen anderen Vertretern der Gattung "Asia-Fast-Food-Imbiß", mit dem großen Schöpflöffel aus einem lauwarmen Schweinetrog gefischt und auf mäßig sauberes Geschirr geklatscht werden, und aussehen (und manchmal auch schmecken), als ob sich ein Nilpferd mit Magen-Darm-Grippe auf dem Teller entleert hätte, sondern stets on-demand frisch gekocht werden - nicht ohne in der kleinen Küche einen veritablen Lärmpegel zu erzeugen.
Das Essen wird in der Regel auch recht zügig serviert, außer der Laden ist voll, dann kann es schon mal etwas länger dauern, aber verhungert ist man bis dahin nicht. Immerhin liegen (zumindest in der Filiale in der Schleißheimer Str.) immer einige Zeitungen aus (gut, Abendzeitung und tz sind vielleicht nicht gerade die bevorzugten Gazetten des Bildungsbürgers, aber okay), so daß man sich die Wartezeit subjektiv ein bißchen verkürzen kann.
Der "kleine Chinese" ist mittlerweile zu einer kleinen Kette herangewachsen, in München finden sich mittlerweile vier Filialen (Schleißheimer Str./Stiglmaierplatz, Fraunhoferstr., Weißenburger Str., Tal), die allerdings einen etwas unterschiedlichen Standard bezüglich des Ambientes haben. Die Filiale in der Weißenburger Str. beispielsweise ist schön sauber und mit ordentlichem Mobiliar versehen, während einem beim kleinen Chinesen am Stiglmaierplatz der stellenweise klebrige Linoleumboden schonmal etwas Widerstand entgegensetzt, oder die Bistrotische samt den dazugehörigen Barhockern gelegentlich mit Stabilitätsproblemen zu kämpfen haben - das ganze hat natürlich auch irgendwie seinen urigen Charme, so wie die alten D-Zug-Wägen der Deutschen Bahn, mit ihren stets leicht muffigen Abteilen, den arschfreundlichen Polstersesseln und dem kultigen Handrad zur Heizungsregelung - nicht luxuriös, aber irgendwie nett.
Das Personal ist zwar meist freundlich, hat aber, je nach Filiale, Tageszeit, Wochentag (weitere Parameter sind möglich) manchmal so seine Sprachprobleme, so daß man am besten nach Nummer bestellt.
Zum heutigen Essen, Mie Goreng.
Als erstes fällt auf, daß, im Vergleich zu früheren Besuchen, die Gabel nicht mehr wie das Excalibur-Schwert in die dampfende Masse gerammt wird, auf daß der Gast der Auserwählte sein möge, der das Freßwerkzeug herausziehen kann, sondern schön separat inclusive einer Papierserviette geliefert wird. Nett. Das nächste, das ins Auge sticht, ist die ordentliche Portion Essen, die sich da auf dem dafür fast etwas unterdimensionerten Teller häuft; für den kleinen Hunger sind jedenfalls die Hauptgerichte beim "kleinen Chinesen" deutlich zu groß, hat man ordentlich Kohldampf, ist das natürlich eine super Sache.
Die Testphase beginnt. Das Essen ist zwar nicht wahnsinnig heiß, aber das ist angesichts des gut gefüllten Sambal-Oelek-Topfes, der zusammen mit einer Flasche Sojasauce auf jedem Tisch steht, auch nicht so tragisch. Die Nudeln haben die subjektiv richtige Konsistenz, das Hühnerfleisch ist leicht angebraten, das Gemüse ist knackig, die Sauce hat einen angenehm säuerlichen Touch. Mal ein bißchen Sambal-Oelek drüber geben...naja, auf meiner persönlichen Chili-Schärfe-Skala von 0 bis 11 (wobei 0 "Gut für Babynahrung" und 11 "Nicht mehr eßbar" ist) rangiert Sambal Oelek ohnehin nur bei ca. 1-2, andere Varianten wie Sambal Badjak auch schon mal bei 3, also spare ich mir mal eine wertende Aussage darüber, für die meisten Gäste reicht's aber wahrscheinlich.
Die genauen Inhaltsstoffe des Futterberges auf dem Teller kann man natürlich nicht mehr wirklich exakt identifizieren; ob das Fleisch von fröhlichen Biohühnern stammt, die auf Biobauer Horsts Hof herumrennen und denen dann liebevoll der Hals rumgedreht wird, oder ob es sich um konventionell gezüchtete Viecher handelte, denen am Doomsday weniger liebevoll die Rübe in der vollautomatischen Kreissäge abgesäbelt wurde, weiß ich nicht, wahrscheinlich letzteres, schmecken tut's jedenfalls, denau wie die Gemüsebestandteile auf dem Teller. Das Zeug ist meinem Geschmack nach ordentlich verarbeitet worden und der große weiße Eimer aus Hoechst, Leverkusen oder Holzminden ist allenfalls nur sehr sparsam eingesetzt worden; der Geschmack des ganzen Essens ist wirklich in Ordnung.
Nach dem Leeressen des Tellers darf man die konsumierten Speisen und Getränke dann bezahlen; eines kann man jetzt schon sagen : man bekommt was für's Geld; 5 EUR und ein paar Zerquetschte sind für das Mie Goreng, zumal in dieser Menge, wirklich nicht zuviel; ebenso bewegen sich die anderen Gerichte auf der reichhaltigen Speisekarte im eingangs erwähnten studentenfreundlichen Preisrahmen, denn auf dem (nicht existenten) Mensa-Kassenbon steht, je nach gewähltem Tagesgericht und Beilage natürlich, auch keine wesentlich höhere Summe.
Fazit : Natürlich kann man für das Geld keinen Gourmet-Tempel mit Pinguin erwarten, der einem vornehm näselnd und versonnen am extrahierten Korken schnüffelnd einen 1996er Château Tour Eiffel ins Riedel-Glas gießt, während man die Austern vom Rosenthal-Porzellan schlabbert, und als Location mit Candle-Light-Dinner-Ambiente mit plüschigen Sitzecken, Stoffservietten, Kerzenschein und Pianisten, das aus dem Kneipen-Aufenthalt einen romantischen Abend mit der/dem Liebsten macht, würde ich den "kleinen Chinesen" auch nicht gerade empfehlen. Aber für den schnellen (und nicht zu kleinen) Hunger auf ordentliches und reichhaltiges asiatisches Essen, das frisch zubereitet wird, preiswert ist und einem nicht schon vom Anblick den Darm verknotet, ist der "kleine Chinese" eine gute Anlaufstelle, nicht nur für Studenten.
Lokal : |
"Der Kleine Chinese", Filiale Schleißheimer Str. |
WWW : |
www.der-kleine-chinese.de |
Location : |
Google Maps |
Datum : |
19.01.07 | 17:00 Uhr |
Produkt : |
Mie Goreng; ca. 5,50 EUR |
Rating [0..10] |
Essen : |
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Lokal : |
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Service : |
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Preis/Leistung : |
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